Die visuelle Sinneswahrnehmung ist für viele Menschen ein entscheidender Baustein für das Konstrukt ihrer persönlichen Realität. Wir verarbeiten jeden Tag optische Reize, die uns so selbstverständlich vorkommen, dass wir kaum darüber nachdenken, welche Vielfalt und Menge an Information uns in jedem Moment geboten ist. Der Mensch hat schon immer versucht sein Erlebtes durch visuelle Medien greifbar zu machen und seine Umwelt in eine reproduzierbare Form einzupassen. Darüber hinaus ist der Geist in der Lage, sich über kreative Umwege eine ganz neue Welt zu schaffen und diese real werden zu lassen. Angelehnt an philosophische Fragen unserer Wahrnehmung, wie z.B. durch Aldous Huxley in seinem Essay „Die Pforten der Wahrnehmung (The Doors of Perception)“ 1954 beschrieben, öffnet „Psychotrop – Shifted Reality“ die Tür zum immersiven Flur zwischen Individuum und Medienkunst.
Aufgrund der kleinen Teamgröße des diesjährigen Semesters, sind alle Studierende in mehreren Gewerken engagiert. Das bedeutet zum einen mehr Arbeit für jeden, zum anderen eine engere Vernetzung der einzelnen Produktionsteams. Vor allem die Zusammenarbeit mit dem Animationsteam hat der gesamten Idee eine eindeutige, stilistische Form gegeben. So werden die gefilmten Inhalte mittels TouchDesigner manipuliert und entfremdet, wiederum andere Sequenzen sind komplett animiert und bilden so einen eindeutigen Kontrast zum Videomaterial. Das Duett zwischen verschiedenen Iterationen der Realität und den verspielten Gestalten computergenerierter Graphiken eröffnet ungeahnte kreative Tableaus.
Gegeben durch das Konzept, hat sich die Regie schnell für eine sehr natürliche Umgebung entschieden, weg von pulsierenden Ader der Zivilisation um allen Sinnen Raum für ihre Entfaltung zu bieten. Zurück zur Natur war also die Vorgabe für die visuellen Resultate! Diese Entscheidung deckt sich vor allem auch mit den Erfahrungen, die unsere Interviewteilnehmer schilderten.
Aufgabe für das Drehteam war es demnach, einen natürlichen Look zu erzeugen. Der angestrebte natürliche Look bezieht sich sowohl auf die Bildnachbearbeitung, als auch auf Kameraführung und Optikwahl selbst. Dadurch war und ist das Team bereits während der Dreharbeiten vor die Aufgabe gestellt, eine reale Erfahrung im Bild festzuhalten, ohne den Einsatz herkömmlicher Bildformate wie z.B. Point of View (POV) oder 360°-Kameras. So können die gezeigten Inhalten als Leinwand für die Animationen und Effekte dienen, vor allem aber einen einzigartigen Blickwinkel auf das Wahrgenommene erschaffen.
Ausgestattet mit einem Sammelsurium an Objektiven, Licht und einer Steadicam, einer Art Schwebeobjektiv welches dem Kameraoperator völlige Bewegungsfreiheit liefert, ohne das Bild zu verschieben, hat das Video-Team bereits erste Testdrehs in Wäldern im Stuttgarter Umland durchgeführt. Jedoch wurde schnell klar, dass für eine maximal eindrucksvolle Bildwirkung ein paar Faktoren wichtig sind, die sich nicht beeinflussen lassen. Die Rede ist ganz einfach vom Wetter. Erste Versuche haben gezeigt: Ein Wald bei grauem Himmel und diesigem Licht entfaltet weitaus weniger seine ganze Magie, wirkt flach im Bild und bietet im Nachhinein nicht genug farbliche und dynamische Kontraste um wahrnehmungsverändernde Effekte brillant darzustellen. Es warten also auch auf das Videoteam noch ein paar spannende Wochen in denen es gilt, möglichst viel Inhalte zu entwerfen und beim ersten Sonnenstrahlen bereits die Kamera fest im Griff zu haben.
Beitrag von Finn Max Röpcke