Im Rahmen der Konzeptfindung von „senses reconnected“ wurden von den Teammitgliedern noch weitere Event Media Konzepte entwickelt, die nicht gewählt wurden. Einige ausgewählte Konzepte möchten wir hier vorstellen.
Kognition und Erinnerungsmanagement des Menschen gleichen sich an Verarbeitungs- und Funktionsweisen des Computers an. Emotional motivierte Denkprozesse wie die Auseinandersetzung mit Gefühlen, Identität, Authentizität oder Dasein treten in den Hintergrund. Jede menschliche Regung wird codiert, versachlicht, verglichen, zugeordnet und abgespeichert. Der Bewusstseinsgrad sinkt mit der Menge der Speicherdaten und Speicherkategorien. Das Hirn wird zum Datenspeicher, der Computer zum Gedächtnis. Sinneseindrücke werden zu logische Codierungen und zu Speicherblocks. Ist der Speicher gefüllt, erfolgt die Leerung und damit der Tod des Users. Es folgt der nächste Speicherrohling, bereit zur Befüllung.
Kernsatz
Mensch und Computer verwachsen zu einer Einheit: Wahrnehmung und Denken konditionieren einander.
Alle Räume greifen inhaltlich aufeinander zu, stellen eine einheitliche narrative Entwicklung dar.
Im ersten Raum werden visuelle und auditive Wahrnehmung durch ein interaktives Spiel ausgebildet; dieser Raum stellt die Menschbildung dar.
Im zweiten Raum, das Menschsein, wird die Verschmelzung Mensch-Maschine ausagiert. Sinnliche Eindrücke werden durch farbige Einheiten abgebildet und einem Erinnerungsspeicher zugeführt. Der Raum wird bis zur Decke mit Speicherblocks gefüllt.
Der dritte und letzte Raum, die Menschvergänglichkeit reflektiert Erinnerung, Erfahrungen, Eindrücke. Besucher beobachten mit Überwachungskameras die vorhergegangen Perioden bis zum jetzigen Moment. Nicht nur die Vergangenheit wird beobachtet sondern auch die Gegenwart. Der Besucher beobachtet sich bei der Beobachtung.
Im ersten Raum werden analoge Steuerelemente mit digitalen Abbildungen verbunden, der Mensch wird geprägt und eingestellt. Das Spiel ist selbsterklärend, haptisch, objektorientiert, leicht zu bewältigen und vertrauenserweckend.
Der zweite Raum wird durch eine innere Schaltzentrale (Multitouchtable) bedient und gesteuert. Die generierten Informationen werden grossformatig auf alle vier Wände projiziert. Wenn die Wände durch Memoryblocks erleuchtet sind, kommt es zum Information Overflow. Die Datenspeicher werden geleert, einer neuer Vorgang beginnt.
Der letze Raum ist ein Beobachtungsraum und nichts anderes.
Ein Logo ist wie ein Gesicht: Es vermittelt dem Gegenüber den ersten bleibenden Eindruck und entscheidet in Bruchteilen einer Sekunde über Sympathie oder Antipathie. Je nach Gesichtsausdruck können, wie mit einem Logo auch, verschiedene Aussagen gemacht werden: Ist mein Gegenüber fröhlich und offen oder eher seriös und ernst? Wie kann ich ihn einschätzen und was erwarte ich von ihm? Möchte ich mehr über ihn erfahren oder lieber Abstand halten?
Über diese und ähnliche Fragen haben wir uns viele Gedanken gemacht und sind Stück für Stück unserer eigenen visuellen Identität näher gekommen.
Sehen Sie selbst, welche Entwicklung das Logo von „senses reconnected“ erfahren hat.
Wer so viele Gedanken, Ideen und so viel Energie in ein Projekt wie „senses reconnected“ steckt, der möchte natürlich auch, dass es von der Öffentlichkeit wahrgenommen wird. Um dies zu erreichen galt es „senses reconnected“ nach außen zu kommunizieren.
Dabei haben wir auf mehreren Kanälen gearbeitet: Um online präsent zu sein, haben wir diesen Blog ins Leben gerufen, welcher ständig redaktionell betreut wird und auch nach dieser Produktion für alle weiteren Event Media Produktionen an der HdM weiter verwendet wird. Dieser Blog ist außerdem mit facebook verknüpft, d.h. dass alle Artikel über facebook bekannt gemacht werden und so eine große Community erreichen. In einem eigenen Pressebereich im Blog stehen Logos, Pressemitteilungen und Bilder zum Download zur Verfügung.
Um „senses reconnected“ innerhalb der Hochschule anzukündigen, haben wir einen Trailer produziert, der zwei Wochen vor der MediaNight auf Monitoren in der Aula zu sehen war. Parallel dazu haben wir in der Hochschule der Medien Plakate aufgehängt.
Insbesondere im Print Bereich gab es viele Maßnahmen: So haben wir einen Flyer gestaltet, der das Projekt „senses reconnected“ kurz beschreibt und veranschaulicht um Sponsoren zu gewinnen. Außerdem hat das Grafik Team eine Online Einladung entworfen, die allen Sponsoren und weiteren Gästen für die MediaNight als Ankündigung per Email zugeschickt wurde. Zusätzlich wurde kurz darauf eine Print Einladungen per Post verschickt. Als Give Aways für die Ausstellungen im Haus der Wirtschaft und bei SAP in Walldorf, haben wir stylishe Postkarten entworfen, auf denen wir uns selbst als Team hinter dem Projekt präsentieren. Teamshirts mit unserem Logo und Design, definieren uns noch stärker als Gruppe und halfen Besuchern an der MediaNight dabei, uns als „Personal“ zu erkennen, das bei Fragen weiterhilft.
Doch nicht nur außerhalb der Installation wurden Werbe- und Informationsmaterialien geschaffen, auch innerhalb findet sich die Arbeit des Grafik Teams wieder. Um Besuchern die Funktionsweise und Möglichkeiten von „senses reconnected“ noch verständlicher zu machen, haben wir erklärende Fahnen in der Mitte der Installation angebracht und einen Informationsflyer entworfen. Zwei aufgestellte Roll Ups im Haus der Wirtschaft und bei SAP sowie ein Einleger für die Einladungen zur Vernissage im Haus der Wirtschaft zeigen die Logos unserer Sponsoren, ohne die dieses Projekt so nicht möglich gewesen wäre. Um unseren Sponsoren und allen anderen Event-Interessierten einen Einblick in die Entstehung von „senses reconnected“ zu geben, haben wir eine Dokumentations-DVD erstellt, die, wie alle anderen geschaffenen Medien, im passenden Corporate Design gestaltet wurde, inklusive der Hülle und einem Inlay.
Am 01.07. fand die MediaNight an der Hochschule der Medien Stuttgart statt.
senses reconnected wurde an diesem Abend zum ersten mal einer großen Besuchergruppe zugänglich gemacht. Für uns, die wir nun schon lange tief in der Materie stecken, sind viele Zusammenhänge innerhalb der Installation vollkommen klar. Wir sprechen von Verbindungen, die von technischen Schnittstellen hervorgerufen werden. Zum Beispiel spreche ich in ein Mikrophon und jemand anderes an einem anderen Ort kann meine Worte hören. Solche Verbindungen, aber auch Verbindungen die anscheinend Falsch sind. Zum Beispiel: Ich spreche in ein Mikrophon und jemand anderes hört nicht meine Worte sondern sieht sie auf dem Bildschirm in Form einer farbigen, pulsierenden Sphäre, die ihre Gestalt verändert. Diese Verschaltungen bilden die Grundlage unserer Installation und es gibt nicht nur zwei davon sondern 27 Möglichkeiten um Eingaben wie Sprache, Bewegung, Bild und Ton zu verändern.
Hinter diesem Hintergrund müssen wir uns als Team fragen: Kann der Besucher diese Verbindungen nachvollziehen? Die MediaNight bot uns die hervorragende Möglichkeit dieser Frage nachzugehen und Testscreenings durchzuführen. Wir beobachteten die Besucher genau und lauschten aufmerksam ihren Kommentaren.
Die Verschaltungen, die wir Transformationen nennen, müssen erklärt und dem Besucher durch Bilder und Zeichen verständlich gemacht werden. Dafür haben wir das Terminal-Interface entwickelt.
Dieses Interface wird auf den Bildschirmen angezeigt, die an den drei Terminals angebracht sind. Die zwei Felder In- & Output befinden sich in der rechten und linken oberen Bildecke.
Der Besucher soll zunächst begreifen, dass die Y-förmige Darstellung im Interface das Dreibeinkonstrukt der Installation darstellt. Die farbigen Enden symbolisieren die drei verschiedenen Terminals in rot, grün und blau. Die nach unten gerichtete Farbe ist die Farbe des Terminals an dem sich der Besucher befindet. In den obigen beiden Bildern ist dies also das rote Terminal.
Die Betitelungen „input“ und „output“ sollen dem Besucher mitteilen, dass im linken und rechten Interfacefeld angezeigt wird, wohin er ein Signal in welcher Form sendet bzw. woher er etwas empfängt und was dies ursprünglich einmal war. Die Hand symbolisiert Haptiksignale, das Ohr Audiosignale und das Auge Videosignale. Die Symbole bewegen sich über die Interface-Felder und zeigen so den Signalfluss an. Im komplexesten Fall werden an jedem Terminal 3 Signale ausgesendet und 3 Signale empfangen. Es finden also im input-, sowie im output-Feld drei hintereinandergeschaltete Animationen statt. Das sind sechs verschiedene Animationen, die der Besucher begreifen muss um zu verstehen, was gerade geschieht. Zusätzlich findet bei Signaltransformationen eine Morphing-Animation im Zentrum des jeweiligen Interfacefeldes statt.
Es stellten sich uns die Fragen: Können die Betrachter unsere Ikonographie entschlüsseln? Ist die grafische Sprache klar genug, damit sie ohne weitere Erklärungen einleuchtend ist? Ist es ein selbsterklärendes System?
An der MediaNight wurde deutlich, dass diese Abstraktion zu hoch, und die Nachvollziehbarkeit nicht gegeben ist. Wir erhielten von vielen Seiten wertvolle Anregungen. Besonders hervorstechend war der Wunsch nach „Kontrollfeldern“ in denen zu jedem Zeitpunkt ein Feedback über die eigenen Signale gezeigt wird. Wir haben also ein völlig neues Interface entworfen. Ausgehend von dem Wissen, dass der Durchschnittsbesucher in der Regel mit bildschirmgesteuerter Interaktion durch bekannte Schnittstellen kommuniziert, wurden wir wesentlich konkreter.
Wir haben eine Art Farbkodierung entwickelt. Jedes Terminal verweist auf eine bestimmte Farbe: Rot, Blau oder Grün. Dies ist seine Erkennungsfarbe. Deshalb werden die Verbindungen im Monitor auch mit der jeweiligen Farbe eingetönt. Vielleicht wird der Betrachter durch die Färbung seine Zugehörigkeit erkennen.
Um den Unterschied zwischen den beiden Interfacebereichen deutlicher zu machen arbeiten wir mit den konkreten Textinformation „what you receive“ und „what you send“. Wir integrierten Kontrollfelder in das Interface (im Bild die Felder jew. links von den Pfeilen). Im Bereich „what you send“ erhält der Besucher unmittelbares Feedback zu den eigenen Eingaben am Terminal. Er sieht sein eigenes Bild, seinen Mikrofoninput in Wellenform und seine Handbewegungen auf dem Haptikboard in einer Matrixdarstellung. Ebenso sieht er im Feld „what you receive“ Eingaben der anderen Terminals, wenn diese mit ihm verbunden sind.
Die Ohr-Auge-Hand Ikonographie existiert nach wie vor, da diese auch in der Steckzentrale und an den Natursäulen auftaucht und es dem Besucher so leichter fällt eine gedankliche Verbindung herzustellen.
Im neuen Interface repräsentieren diese Icons jetzt die Eingangskanäle der Terminals. Welcher Kanal an welchem Terminal gemeint ist, wird durch farbliche Hinterlegung kommuniziert. Der Pfeil als weit verbreitetes und allseits bekanntes Symbol steht im neuen Interface für „…wird zu…“ bzw. „…geht an…“. Er verdeutlicht den Signalfluss.
Wir haben mit diesem neuen System zur Erklärung der Verschaltungen und Transformationen Usertests durchgeführt. Die gefragten User waren im Alter zwischen 20 und 30 Jahren und hatten relativ gute Kenntnisse im Umgang mit Computern und deren Erklärungssystemen die auf ikonografischer Basis aufgebaut sind. Deshalb kann es sein, dass die gewählte Usertestgruppe nicht ganz unserer späteren Zielgruppe entspricht. Wir hoffen aber, dass die Usergruppe trotzdem einen guten Durchschnitt der späteren Installationsbetrachter ergibt. Denn wir stellen nicht nur im Haus der Wirtschaft aus, wo die Besucher wenig mit Computern zu tun haben, sondern auch später bei SAP, wo wir von Powerusern ausgehen müssen. Deshalb mussten wir eine Zwischenmenge von zwei gegenüberliegenden Zielgruppen finden.
Wir wollen auf Nummer sicher gehen und werden den Besuchern auf den anstehenden Ausstellungen einen Flyer zur Verfügung stellen, der die Interaktionsmöglichkeiten von „senses reconnected“ kurz erklärt.
Nicht nur für die Sponsoren von „senses reconnected“ ist es interessant zu erfahren, in welchen Arbeitschritten die Installation entstand. Auch für uns Teammitglieder ist es wichtig, unserere Arbeit und Schaffensprozesse als spätere Referenz – und natürlich Erinnerung – zu dokumentieren.
Die Dokumentation von „senses reconnected“ wurde durch ein eigenes Team, unterstützt vom Foto-Team, realisiert. Eine Zeitschiene zu „senses reconnected“ gibt einen groben Überblick darüber, wie viele verschiedene Bereiche, Disziplinen und Meilensteine während der Konzeptionierung und Realisierung des Projekts durchlaufen wurden. Sei es die Lieferung der Hardware Komponenten, die Fertigstellung der Konstruktionspläne oder die Anlieferung des Stahlgerüsts: Stück für Stück fügte sich aus Einzelteilen ein Ganzes zusammen.
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Das Projekt wurde in zwei verschiedenen Formen dokumentiert: Einerseits in diesem Blog, der ständig Neuigkeiten aus allen Teilbereichen veröffentlicht. Andererseits in Form einer DVD, auf der ein Making Of unter anderem mit Time Lapse Aufnahmen, Eindrücke von der MediaNight und Interviews mit Besuchern sowie mit dem Kurator, Kontur. Kunstverein Stuttgart e.V. Herr Menges und Frau Cozgarea, Art Curator & Coordinator SAP AG. Die Herausforderung lag dabei darin, ständig Aufnahmegeräte wie Foto- und Videokameras parat zu haben, sodass alle wichtigen Ereignisse in visueller Form eingefangen werden konnten. Dabei entstanden rund sechs Stunden Videomaterial, etwa 5000 manuelle Fotos und weitere tausende Aufnahmen für die Time Lapse (Zeitraffer), bei denen eine fest positionierte Fotokamera alle 40 Sekunden ein Bild von dem Aufbauraum der Installation schoss. Außerdem wird auf der DVD die Konzeptidee, die hinter „senses reconnected“ steht, beschrieben und unser Dank an alle Sponsoren ausgesprochen. Zusätzlich findet man Bonusmaterial wie den Trailer und eine Bildergalerie mit 360° Aufnahmen der Installation, Modellbildern sowie Fotos des Teams bei der Arbeit. Die DVD hat den Anspruch über „senses reconnected“ zu informieren und das Projekt umfassend zu beschreiben, ohne mit zu vielen Details zu langweilen.
Venedig. Das PINAULT-MUSEUM IN VENEDIG mit der Ausstellung Mapping the World. Zu François Pinault sollte gesagt sein, dass er wahrscheinlich der bedeutendste lebende Kunstsammler ist, sein Besitz umfasst die Kaufhausketten Printemps, Fnac, GUCCI, das Weingut Chateau Latour, ein Fussballclub, Puma, das Aktionshaus Christies und andere kleinere Institutionen wie Magazine oder Theater.
Mit soviel Geld kann man sich auch in Venedig zwei Kunststätten leisten. Einmal der Palazzo Grassi und das alte mittlerweile durch den japanischen Stararchitekten Tadao Ando umgebaute Zolllager an der Mündung des Canale Grande.
Und hier werden die Vitrinen „Fucking Hell“ der Brüder Jake und Dinos Chapman ausgestellt. Neun an der Zahl und alle stellen apokalyptische Endzeitvision dar. Alle dieser Szenarios atmen Wahnsinn und Irrigkeit. Unmengen von 5 cm grossen Figuren mit Naziuniformen, Schweineköpfen, ausgemergelte Fasttote und Skelette prügeln, foltern, morden, sterben, ertrinken, verdorren, erhängen und krepieren auf jämmerliche Weise.
Mal ist es ein Konzentrationslager ähnliches Environment, mal unwirtliche Berge, mit verdorrten Bäumen und verseuchten Seen in denen in brauner Brühe Gifttonnen lagern und auslaufen, wo Käfige mit hitlergrüssenden Nazis an mit Swastikas bemalten offenen Jeeps vorbeigeführt werden und alles ein ausuferndes Szenario im Sinne breughelscher Fantasien ist.
Jake Chapman wurde 1966 in Cheltenham geboren, Dinos Chapman 1962 in London. Beide leben und arbeiten London. Sie hatten Einzelausstellungen in der Tate Britain (2007), Tate Liverpool (2006), Kunsthaus Bregenz (2005), Museum Kunst Palast Düsseldorf (2003) und Modern Art Oxford (2003) und PS1 Contemporary Art Center, New York (2000).